Volontariat Günther Mimm, 2014

Manuela Erber-Telemaque

Am 5. Juli 2014 ging mein Abenteuer los. Mit viel Übergepäck und einer Mischung aus Vorfreude und Angst vor dem, was uns erwartet, flogen David Troppmair und ich nach Afrika. Am nächsten Tag landeten wir zur Mittagszeit in Kinshasa, wo wir am Flughafen abgeholt werden sollten.

Leider war unser Kontaktmann Fredi aber nicht am Flughafen und wir hatten keine Möglichkeit ihn zu erreichen. Nach einer Stunde beschlossen wir, dass wir uns ein Taxi nehmen und selbst zu unserer Unterkunft fahren. Dieses Vorhaben gestaltete sich schwerer als gedacht, da unser Taxifahrer nicht wusste, wo diese ist. Nach einer langen Suche klingelte endlich unser Telefon und Fredi war auf der anderen Seite der Leitung. Schlussendlich hat er uns dann abgeholt und zur “Maison d‘Accueil “, unserer Herberge, gebracht. Dort besprachen wir den Ablauf des morgigen Tages. Wir hatten noch ein paar Dinge in Kinshasa zu erledigen, bevor unsere Reise weiter ging. Zuerst hatten wir einen Termin mit Professor Muyembe, den wir an seinem Institut auf der Universität von Kinshasa trafen und bei dem wir uns Gefäße für unsere Wasserproben abholten. Danach ging es zum Handy-Geschäft wo wir einen Internetstick für Manuela besorgt haben. 

Wir hatten nicht damit gerechnet, dass diese Termine den ganzen Tag in Anspruch nehmen würden. Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, die Uhren ticken hier etwas anders als in Österreich, und zwar sehr langsam. Am Nachmittag redeten wir mit unserem Kontaktmann über die Weiterreise nach Tshumbe. Er meinte, dass der Flug, den wir vor einem Monat übers Internet gebucht hatten, nicht mehr existiert. Im ersten Moment dachten wir, er macht einen Witz oder irrt sich, aber schnell hat sich herausgestellt, dass die kongolesische Airline die Hälfte aller Flüge von und nach Lodja wirklich gestrichen hat. Zum Glück gab es noch eine private Airline, welche den Flughafen Lodja anflog. Also besorgten wir uns erneut Tickets für einen Flug und checkten auch gleich unser Gepäck ein. Unsere ersten zwei Tage im Kongo waren  anstrengender als gedacht. Am 8. Juli um 6 Uhr früh fuhren wir dann endlich zum Flughafen und bestiegen eine Propeller-Maschine die nicht gerade neuwertig aussah. Der Flieger war vollgestopft mit Leuten und Gepäck. Ich hatte noch nie Flugangst, aber nach diesem Flug war ich heilfroh wieder festen Boden unter meinen Füßen zu spüren. Am Flughafen Lodja wartete bereits Manuela zusammen mit Fabien auf uns.

Es war ein sehr herzlicher Empfang und wir freuten uns trotz den Anstrengungen der letzten Tage sehr auf die Kinder in Tshumbe. Aber wir waren noch lange nicht angekommen. Wir hatten noch eine abenteuerliche Fahrt, mit vier vollgeladenen Motorrädern, durch den afrikanischen Dschungel, vor uns. Um ein Uhr früh erreichten wir endlich unser Ziel: den Kindergarten Waale Waana in Tshumbe. Heilfroh über unsere sichere Ankunft begrüßten uns Judith Wieland, Kerby Telemaque und Augustin, der Nachtwächter. Am nächsten Tag kamen alle möglichen Leute vom Dorf vorbei um David und mich zu sehen und uns kennenzulernen. Die Menschen begrüßten uns mit offenen Armen und waren unglaublich freundlich zu uns. Auch die Kinder des Kindergartens waren sehr neugierig auf die zwei Tiroler, die mit ihnen die nächsten Wochen verbringen werden. Am Vormittag wurden wir auch gleich in eine der Aufgaben, die wir jeden Tag erledigen müssen, eingewiesen- das Wasser holen von der Quelle. Die Quelle ist circa 10 Gehminuten vom Kindergarten entfernt und in einem sehr schlechten Zustand. Wenn man jeden Tropfen Wasser, den man braucht, zu Fuß holen und anschließend über einem offenen Feuer abkochen muss, wird einem erst bewusst, welch kostbares Gut sauberes Trinkwasser ist. Manuela hat uns dann auch alles gezeigt, was sie bis jetzt aufgebaut hat und ich war sehr beeindruckt. Neben dem Kindergarten und den dazugehörigen Einrichtungen sind auch ein nettes Besucherhaus, saubere Toiletten, ein großer Garten und ein Stall für die Tiere vorhanden. Am Nachmittag besichtigten wir noch den Grund für die neue Grundschule und eine zweite Quelle, welche in einem besseren Zustand war als die Erste. Am Abend kamen noch mehr Leute vorbei um uns zu sehen und nach dem Sonnenuntergang gab es Abendessen und eine frühe Nachtruhe. Ohne Strom und elektrisches Licht ist der Abend ziemlich kurz. In Tshumbe dauert der Tag so lange, wie es das Tageslicht zulässt.

In Österreich hatten David und ich schon einiges an Material zum Ausarbeiten vorbereitet und so beschäftigten wir uns die nächsten Tage damit, Informationen über Wasser, Hygiene, Baumaterialien und Krankheiten einzuholen. Leider ist die Situation in Tshumbe sehr schlimm, es fehlt an allen Ecken und Enden. Aber es gibt sehr viele Leute in der Gemeinde, die eine Verbesserung wollen und auch sehr schwer dafür arbeiten. Das beste Beispiel ist der Kindergarten-Direktor Fabien, der sich jeden Tag bemüht, alles zu tun, um den Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ob es darum geht, Baumaterial und Arbeitskräfte zu besorgen oder einen Platz für ein Waisenkind zu finden, er ist bei jeder Aufgabe mit seinem Herzblut dabei. Ich war generell überwältigt von der Lebensfreude und Tatkraft der Einheimischen. Mit dieser Motivation schienen mir die Probleme nicht mehr so unüberwindbar. Neben den täglichen Aufgaben, wie Wasser holen, Feuer machen zum Kochen oder Informationen einholen, begann ich damit, die ersten Pläne für die neue Grundschule zu zeichnen. Vor Ort und im ständigen Austausch mit den Leuten, konnte ich das wichtigste für die Nachbearbeitung in Österreich vorbereiten. 

Am siebten Tag kamen die Fahrräder, die Manuela in Kinshasa gekauft hat, mit dem Lastwagen im Kindergarten an. Leider wurden die neuen Mitarbeiterräder beim Transport schwer beschädigt. So hatten wir eine zusätzliche Aufgabe für die nächsten Tage- die Räder zusammen mit ein paar jungen Männern der Umgebung zu reparieren. Jeder Tag brachte etwas Neues und die Zeit verging wie im Fluge. Einen Tag besichtigten wir eine Schule oder wir trafen den Bischof von der Diözese Tshumbe und den nächsten Tag verbrachten wir damit, Räder zu reparieren oder beim Hausbau zu helfen. Immer dabei sind die neugierigen und stets fröhlichen Kinder.

In der letzten Woche kam noch eine Lieferung aus Kinshasa, das lang ersehnte Solarpanel. Manuela hat uns sofort aufgetragen, die Elektrik zu installieren. Endlich kam mir meine Ausbildung an der HTL in Braunau zu Gute. Ich hatte mir mehr behalten als gedacht also war es kein Problem Licht und Strom in unserer Hütte einzubauen. Nach zwei Wochen in der Dunkelheit war ich sehr glücklich über das Licht, welches uns unsere 20 Watt Glühbirnen spendeten.Am vierzehnten Tag haben wir uns, nach langem Hin und Her entschlossen, etwas gegen den Zustand der kaputten Quelle zu unternehmen. Ich wollte anfangs nichts machen, da wir keine finanziellen Mittel hatten, um anständig zu arbeiten. Allerdings war die Quelle in einem dermaßen schlechten Zustand, dass man sie nur verbessern konnte, auch mit geringem Aufwand. Und so trommelten wir ein paar Anwohner zusammen und gingen mit etwas Werkzeug zur Quelle. Unter meinen Anweisungen, begannen wir am ersten Tag die nähere Umgebung des Wasserloches zu säubern und verbrannten das ganze Geäst und Laub, welches um die Quelle herumlag, um das Ungeziefer zu vernichten. Danach gruben wir ein tieferes Loch, damit die Temperatur des Wassers sinkt. Ebenfalls verbesserten wir den Abfluss, um mögliche Brutstätten für Insekten zu eliminieren. Am nächsten Tag verstärkten wir die Front der Quelle, mit einer Wand aus Bambus und ersetzten das alte Rohr durch ein Neues. Nun sah die Quelle schon ein bisschen besser aus. Am nächsten Tag stellten wir noch eine Abdeckung aus Bambus und Moskitonetzen her, so entstand ein Schutz gegen die Frösche und Moskitos, die im Wasser ihre Eier legten. Ich war sehr beeindruckt von den Fertigkeiten der Kongolesen mit dem Material, das der Dschungel zur Verfügung stellt. Diese Erfahrungen waren mit die wichtigsten für meine zukünftige Arbeit am Projekt “Zukunft für Tshumbe”.

Der letzte Tag war ein sehr trauriger. Alle Menschen, die mir in den vergangenen Wochen ans Herz gewachsen sind, kamen vorbei, um uns zu verabschieden. Ein paar Kinder begannen sogar zu weinen als Manuela im Auto verschwand. Einerseits wollte ich noch länger bei diesen wunderbaren Personen bleiben, andererseits habe ich mich auch wieder auf etwas Zivilisation gefreut. Wir hatten eine  relativ angenehme Rückreise nach Kinshasa. Dort verbrachten wir noch ein paar Tage, bevor David und ich weiter in unser nächstes Abenteuer nach Äthiopien aufbrachen.

Ich bin sehr froh darüber, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, an einem so wundervollen Projekt teilzunehmen. Manuela schafft es mit den geringen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, etwas Großartiges zu schaffen. Das Projekt “Zukunft für Tshumbe”  ist meiner Meinung nach sehr sinnvoll und nachhaltig. So sollte Entwicklungshilfe sein.

 

Losaka

Günther Mimm

Aufenthalt: 3 Wochen im Juli 2014

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